Mediografien

Es geht mir nicht so sehr um die Komposition, sondern ich bin […] sensibel für die Grenzen, Kanten und Ränder eines Bildes – nicht nur in Bezug auf seine rechtwinkligen Begrenzungen, die sich mit den heutigen digitalen Technologien leicht verändern lassen, sondern in einem breiteren Verständnis der Kadrage als immanenter aktiver Bildherstellung und Beziehungsformierung.

Trinh T. Minh-ha

 

Mediale Ethnografien
Partizipative Mediografien

Mich interessiert die Vielfalt von Medien und Sinnen, die eingebunden sind in ethnografische Prozesse. Dabei weise ich daraufhin, dass die Erforschung der/des „Anderen“ nicht allein durch ‚teilnehmende Beobachtung‘ ermöglicht wird, sondern vielmehr als ’sinnlich wahrnehmende Teilhabe‘ zu verstehen ist. Es ist dies eine Teilhabe, die durch einen wechselseitigen und sich gegenseitig beeinflussenden Prozess des Verstehen-Wollens gestaltet und medial (durch Schrift, verbale ebenso wie nonverbale Kommunikation und/oder (Bewegt-)Bild) geformt wird. Im Sinne der Filmemacherin, Schriftstellerin und Ethnografin Trinh T. Minh-ha geht es mir nicht um ein „speaking about“, sondern ein „speaking nearby“. Selbst- und Fremdwahrnehmung stehen dabei in einem unmittelbaren Wechselverhältnis, bedingen einander und wenden den Fokus auf die Zwischenräume, die im Forschungsprozess entstehen: zwischen Forschenden und Erforschten sowie zwischen den verschiedenen Medien und Sinneseindrücken.
Unter ‚medialen Ethnografien‘ verstehe ich eine Forschungspraxis, die diese als intermedialen Aushandlungs- und Übersetzungsprozess reflektiert. Denn nicht nur die (Film-)Kamera und ihre Kadrage begrenzt das, was sich vor der Kamera’linse‘ abspielt, unser Wahrnehmungs’apparat‘ als solcher kadriert ebenfalls das Erlebte. Eine partizipative Mediografie zieht angesichts dieser unumgänglichen ’soma-technischen‘ Begrenzungen methodische Konsequenzen: Sie lädt die Erforschten dazu ein, sich aktiv an der Forschung zu beteiligen, daran, das ethnografische ‚Material‘ zu erstellen als auch es unter repräsentationskritischen Aspekten zu diskutieren. Dabei findet eine gemeinsame Auseinandersetzung mit der Zirkularität von Verstehensprozessen statt. Ein wechselseitiges Tranferwissen wird entwickelt, Wissenskulturen und Dialogkulturen gestaltet. Die Grenzen zwischen empirisch kulturwissenschaftlicher Forschung und Aktionsforschung werden dabei fließend.

In diesem Kontext möchte ich hinweisen auf die Videodokumentationen der Berliner Methodentreffen, hier insbesondere auf die Mittagsvorlesung 2010 von Rainer Winter und das Symposium 2014 zur Forschungsethik.

Weitere Informationen siehe den Flyer zur Internationalen Tagung von MBody „Spuren 2.0. Medien – Körper – Sinnlichkeit“ 2013 im E-Werk Freiburg i. Br./G:

Mediale_Ethnographien_Flyer_2013_1

Mediale_Ethnographien_Flyer_2013_2